Akribie für den perfekten Ton
Die Gitarre muss sich an den Körper schmiegen als wäre sie ein Teil davon. Kein Gegenstand. Kein Fremdkörper. Schlägt man dann die Saiten an, so spürt man die Schwingungen, fühlt man den Klang, nimmt ihn auf über jede Pore. Erlebt ihn mit allen Sinnen.
Genau so muss es sich anfühlen, wenn man auf der perfekten Gitarre spielt. Das ist der Anspruch von Mario Götz. Der Gitarrenbauer und Musiker aus Passau macht keine Abstriche. Wenn er in seiner Manufaktur "Treibholz" in der Theresienstraße erzählt, dann wird schnell klar: Hier überträgt jemand seine Leidenschaft für die Musik in jede Holzfaser des Instruments. Seit 25 Jahren baut und repariert Mario Götz Zupfinstrumente. "Akustikgitarren, E-Gitarren, Bässe, Mandolinen, Bouzoukis", zählt der 46-Jährige auf. Außerdem ist er Fachmann für Tonabnehmer.
Die Gitarre auf den Leib geschneidert
Die Musikerszene aus Passau und weit darüber hinaus schätzt seine Akribie. "Der Gitarrist ist meist auf der Suche nach seinem Ton", sagt Mario Götz. Bei dieser Suche hilft er. Viele Kunden bringen ihre Gitarre zum Reparieren oder Optimieren. "Ich lasse die Leute dann erstmal vorspielen", sagt er. Danach prüft er den Aufbau der Gitarre. Er nimmt eine E-Gitarre von der Wand seiner kleinen Werkstatt. "Ich schaue mir an: Wie ist der hier gebogen?", sagt er und streicht über den Hals der Gitarre. Seine Finger bewegen sich über das Griffbrett: "Kann ich vernünftig greifen? Ist der Abstand zum Körper zu groß?" Und dann ist da noch der Charakter des Spielenden. "Sitzt vor mir eine Metal-Gitarristin oder ein filigraner Zupfer? Die Gitarre muss quasi auf den Leib geschneidert sein", sagt Mario Götz.
Im Januar 2018 ist der gebürtige Passauer mit seinem Equipment in den kleinen Laden seitlich der Fußgängerzone gezogen. Zuvor hatte er seine Kundschaft zu Hause empfangen. "Hier hat das mehr Struktur, die Leute haben eine feste Anlaufstelle", sagt er. Sein Schaufenster, durch das man ihn direkt an der Werkbank sitzen sieht, ist ein Hingucker. Alle paar Minuten bleiben Menschen davor stehen. Ein Bub bewundert eine himmelblaue Gitarre, die ausgestellt ist.
Gitarrist, Musiker – Autodidakt
Auch Mario Götz war sehr jung, als er das Gitarre spielen lernte – bzw. es sich selbst beibrachte. "Ich habe Schallplatten gehört und versucht, die Akkorde nachzuspielen", erzählt er. Zuerst auf der Akustikgitarre, bald auf der E-Gitarre. Da war er 15 Jahre alt und "Metallica und Guns’n’Roses haben mich inspiriert." Mit den ersten Lohntüten, die er sich neben der Schule verdiente, ging er in den damaligen Instrumente-Laden in Passau und kaufte sich eine E-Gitarre. Mario Götz spielte bald darauf in der Schülerband. Bis heute ist er aktiver Musiker: Seit 2012 ist er Teil des Musikkabarett-Duos "Saitenscheitel". Mit der Band "Jump" tritt er auf Hochzeiten und Festen auf.
Wer sich seine Gitarre komplett anfertigen lässt von Mario Götz, der bekommt ein akribisch angepasstes Einzelstück. Sein Markenzeichen: ein individuell gestalteter, in der Innenseite des Halses eingelassener runder Button. Für die Instrumente verbaut Mario Götz Holz von Erle und Esche, "oder von Mahagoni, Ahorn, Walnuss", zählt er auf. Er greift sich wieder ein Stück aus der Werkstatt. Schwarze Spuren durchziehen das Holz der Gitarre: "Die stammen von einem Blitzeinschlag im Baum." Der Gitarrenhals ist so glatt, "dass man ihn einfach immer wieder anfassen muss", schwärmt Mario Götz. Er nimmt ein paar Tropfen aus einem Fläschchen und reibt das Holz damit ein. Es duftet. "Limonenöl", erklärt er: "Wahnsinn, wie die Maserung jetzt changiert."
Zu jedem Teil, an dem er lange arbeitet, baut er eine Beziehung auf, sagt Mario Götz. Es wundert einen fast, dass er nur sieben eigene Gitarren besitzt. "Es waren mal 35", sagt er. "Sieben reichen. Aber darunter geht es auch nicht."
Mehr zu Mario Götz: www.treibholz-gitarrenmanufaktur.de